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26.06.2024, 12:54 Uhr
Parlamentsstipendium erfolgreich abgeschlossen
Georgische Nachwuchswissenschaftlerin forschte zu Parlamentarischer Kontrolle in Berlin
Gerne habe ich als Präsidiumsmitglied des Abgeordnetenhauses die Patenschaft für Frau Nino Kapanadze übernommen, die im Rahmen eines Stipendiums die Parlamentarische Kontrolle von Sicherheitsbehörden in Deutschland mit Schwerpunkt auf Berlin zum Forschungsthema hatte. Im Austausch mit der Stipendiatin habe auch ich viel von ihrem externen Blick gelernt. Für ihren weiteren Werdegang wünsche ich ihr alles Gute. Nachfolgend berichtet Frau Kapanadze über das Stipendiumprogramm und ihre Erfahrungen.

Die Studienstiftung des Abgeordnetenhauses fördert jedes Jahr junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Fachrichtungen aus verschiedenen Ländern und verleiht ihnen ein zehnmonatiges Forschungsstipendium. Damit erhalten die Stipendiaten die Möglichkeit, deutsche Forschungseinrichtungen zu nutzen, fast ein Jahr lang Erfahrungen im wissenschaftlichen Leben Berlins zu sammeln, Deutschland näher kennenzulernen und diese Erfahrungen in ihre Heimatländer mitzunehmen. 

Ich bin Nino Kapanadze, Juristin aus Georgien. Die Studienstiftung des Abgeordnetenhauses hat mir dieses Stipendium für das Stipendienjahr 2023/2024 verliehen. Mein Forschungsthema innerhalb des Stipendiums lautete „Kontrollfunktion und -mechanismen der Gesetzgebungsorgane gegenüber der Exekutive in Deutschland“. Ich interessiere mich seit 14 Jahren für das Parlamentsrecht und die Arbeitsweise von Parlamenten, habe einige Arbeitserfahrungen im georgischen Parlament gesammelt und bin seit vier Jahren bei einer Nichtregierungsorganisation tätig, wo meine Tätigkeit weiterhin von Parlamentsfragen geprägt ist. Deswegen war es kein Zufall, dass ich dieses Thema innerhalb des Stipendiums gewählt habe.

Das Ziel meiner Forschung war, zu erlernen, welche Kontrollinstrumente das Abgeordnetenhaus als Volksvertretung auf Landesebene hat und wie diese Funktion geltend gemacht wird. Um dieses Ziel zu erreichen, habe ich zuerst die wissenschaftliche Literatur aus den juristischen und politischen Bereichen recherchiert, nämlich welche Bedeutung und Rolle dieses Konzept hat und welche Verbindung die Kontrolle mit den Wünschen der Wählerinnen und Wähler haben könnte. Dann habe ich die parlamentarischen Kontrollmechanismen und ihren Inhalt auf der Gesetzgebungsebene in Deutschland (Bundestag und Landesparlamente) beschrieben. Neben der theoretischen Darstellung habe ich auch die praktische Anwendung dieser Mechanismen erforscht. Dafür habe ich verschiedene Methoden verwendet, wie das Monitoring der Sitzungen des Abgeordnetenhauses und der Ausschüsse, Interviews mit Abgeordneten aus verschiedenen Fraktionen und Gespräche mit Vertretern der Verwaltung des Abgeordnetenhauses sowie Analyse der Drucksachen des Abgeordnetenhauses. Außerdem habe ich auch die Situationen in anderen Staaten recherchiert und diese mit dem deutschen Kontrollsystem verglichen. Dafür habe ich Berliner Forschungseinrichtungen genutzt – insbesondere die Bibliotheken des Abgeordnetenhauses und der Freien Universität Berlin. All dies hat mir einen genaueren Einblick in das Konzept der parlamentarischen Kontrolle gegeben und mir bei der Identifizierung der besten Praktiken geholfen.

Für den Stipendiatenjahrgang 2023/2024 hat die Studienstiftung im Stipendienprogramm erstmals eine Patenschaftskomponente integriert. Damit hatten die Stipendiatinnen und Stipendiaten die Möglichkeit, von einer Patin oder einem Paten aus den Reihen der Abgeordneten unterstützt zu werden. Mein Pate wurde Herr Stephan Lenz aus der CDU-Fraktion. Ich habe ihn und seine Mitarbeiter zwei Monate nach Beginn des Stipendienprogramms kennengelernt. Sie waren außergewöhnlich hilfsbereit bei meiner Forschungsarbeit, haben mich mit der parlamentarischen Arbeitsweise im Berliner Abgeordnetenhaus vertraut gemacht und waren stets bereit, für Termine und Fragen, die ich für meine Forschung benötigte, zur Verfügung zu stehen. Sie haben mich mit anderen Abgeordneten und wissenschaftlichen Mitarbeitern in Kontakt gebracht, mit denen ich Interviews oder spannende Gespräche führen konnte. Darüber hinaus haben sie mich zu weiteren interessanten Diskussionen und Gesprächen eingeladen, die für mich vorteilhaft oder interessant sein könnten. Ich möchte auch den spannenden Vortrag erwähnen, den ich im Abgeordnetenhaus im Juni über parlamentarische Kontrolle in Georgien gehalten habe, den ich ohne ihre Unterstützung nicht hätte organisieren können. Bei diesem Vortrag hatten wir die Möglichkeit, Erfahrungen zwischen der georgischen und der deutschen parlamentarischen Praxis auszutauschen und Hoffnungen auf zukünftige Zusammenarbeit zu setzen.

Nach meinem zehnmonatigen Berliner Abenteuer kehre ich ab August mit vielen wertvollen Erfahrungen bezüglich der politischen Rechenschaftssysteme in parlamentarischen Regierungssystemen nach Georgien zurück. Ein wichtiges Ziel unseres Landes ist heute die europäische Integration. Bei diesem Prozess fühlen wir Georgier großartige Unterstützung von unseren deutschen Freunden und Partnern. Ich bin außerordentlich dankbar für die Unterstützung und den freundlichen Ansatz, den Deutschland uns gegenüber zeigt. Ich glaube, dass wir bald würdige Mitglieder der EU sein werden und noch viele Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und zum Austausch haben werden.

Nino Kapanadze 
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