Podiumsdiskussion: Wer ist eigentlich ein Verfassungsfeind?
Im Deutschen Spionagemuseum durfte ich an einer Fachdiskussion zu einer der zentralen Fragen unserer Demokratie teilnehmen: „Wer ist eigentlich ein Verfassungsfeind?“ In der Debatte mit Prof. Dr. Backes, moderiert von Prof. Dr. Müller-Enbergs, wurde deutlich, wie notwendig differenzierte Betrachtungen sind. Pauschale Urteile helfen uns nicht weiter – was wir brauchen, sind Maß und klare Kriterien.
Bereits zum dritten Mal hat mich das Deutsche Spionagemuseum zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen. Dies war für mich erneut eine willkommene Gelegenheit, vor interessiertem Publikum gemeinsam mit ausgewiesenen Experten über ein Thema zu sprechen, das aktueller kaum sein könnte. Unsere Demokratie ist unter Druck. Extremistische Bestrebungen bedrohen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung von verschiedenen Seiten.
Den extremistischen Bedrohungen muss sich unsere wehrhafte Demokratie mit aller Kraft entgegenstellen. Polizei und Verfassungsschutz spielen dabei eine zentrale Rolle. Aber auch schon im Vorfeld der Entstehung von Gefahren kann und muss man etwas unternehmen, etwa durch Maßnahmen politischer Bildung mit dem Ziel, die Mündigkeit und Kompetenz der Berliner zu stärken und so am Ende die Anfälligkeit für extremistische Parolen zu verhindern.
Gleichzeitig habe ich in der Diskussion aber auch ein vorsichtiges Vorgehen angemahnt. Denn man darf mit guter Absicht niemals über das Ziel hinausschießen. Streit und unterschiedliche Meinungen gehören in der Demokratie nicht nur dazu, sie bilden vielmehr den Wesenskern einer Demokratie. Daher verbietet es sich, legitime Positionen zu diffamieren, auch dann, wenn man sie nicht nachvollziehen kann. Freiheit muss man eben auch aushalten. Das gilt für alle.
Heißt all das, dass wir auch Demokratiefeinden das Feld überlassen müssen? Nein, das heißt es nicht. Aber es bedeutet, dass man mit dem Begriff der ‚Demokratiefeindlichkeit‘ sehr vorsichtig umgehen muss. Und das heißt, dass man für begriffliche Klarheit sorgen muss. Ich bin der Überzeugung: Gerade bei solch gewichtigen Einstufungen dürfen wir nicht vorschnell urteilen. Es braucht einen klaren Maßstab, nachvollziehbare Kriterien und eine sachliche Einordnung. Wer Extremismus bekämpfen will, muss genau hinsehen – und dabei die breit zu führende politische Debatte von tatsächlichen verfassungsfeindlichen Bestrebungen trennen. Eine Demokratie muss wehrhaft sein, aber sie muss dabei auch gerecht bleiben. Die Diskussion hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich dieser Gratwanderung bewusst zu sein.
Mein Dank gilt dem Deutschen Spionagemuseum für die erneute Einladung und den Raum für offenen Austausch. Ich danke außerdem dem interessierten Publikum, das mit klugen Fragen und aufmerksamer Beteiligung zur Tiefe der Diskussion beigetragen hat. Solche Abende zeigen, wie wertvoll der direkte Dialog für unsere demokratische Kultur ist.